Himmel auf Erden – und was es dafür braucht

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Zum 32. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A

Am Ende alles gut?

Es ist mal wieder Endzeitstimmung. Nachdem sich der Sommer ja lange wirklich gut – Klimaexperten sagen zu gut – gehalten hat, kehrt nun doch der Herbst ein. Die Tage werden kürzer und dunkler, und damit wird vielerorts auch die Stimmung gedrückter. Manchmal liegt das allerdings nicht nur am Wetter: So manche persönliche Situation und noch vielmehr die derzeitige politische Großwetterlage in der Welt schlagen aus gutem Grund aufs Gemüt.

Inmitten solcher Situationen hören wir auch immer wieder lautere oder leisere Stimmen, die uns zurufen und warnen vor allen möglichen Schrecknissen, die die Welt für uns zusätzlich bereithält. Seit Corona-Zeiten sind wir vor vielem, was an Verschwörerischem auf uns zukommt, gewarnt. Aber manchmal werden wir dann doch skeptisch.

Wachsamkeit und Offenheit wagen

Das Evangelium hält an diesem November-Sonntag eine Geschichte parat, die der Zuhörerschaft auch eine deutliche Warnung sein will. Wir hören ein Gleichnis des Evangelisten, das vom Himmelreich erzählt. Es handelt von einem Brautgelage. Der Autor gibt uns einen Einblick, wie in orientalischen Traditionen zueinander gefunden wird: nämlich wie auf einem Basar. Es geht dabei weder um Liebe oder Sexappeal, sondern zuerst einmal um die beste Selfmarketing-Strategie. Um diese in Anwendung bringen zu können, muss eine Braut parat und hellwach sein. Hier setzt jetzt der Autor mit seiner Warnung an: Wer zu Beginn des Gelages nicht ganz vorne und wachsam mitmischt, hat schon verloren, bekommt den Bräutigam ganz sicher nicht ab. “Seid also wachsam”, heißt die Kernbotschaft des Evangelisten.

Nun, der Evangelist hat eigentlich eher weniger Interesse an Brautschauen, er benutzt den Hochzeitsmarkt als Bild, Sein Anliegen ist das Himmelreich. Aber was will er seinen Leuten damit sagen? Wachsam sein fürs Himmelreich? Was soll das bedeuten?

Nächstens meint nicht sofort

Zur Zeit der drei frühen Evangelisten Markus, Lukas und Matthäus herrschte die Vorstellung, der Gottessohn käme bald nach seiner Auffahrt in den Himmel zum Endgericht zurück zur Erde. In einigen Metaphern wird dies dargestellt als die Vermählung des Irdischen mit dem Himmlischen. Diese drei Evangelisten – wegen ihrer ähnlichen Sicht auf das Heilsgeschehen nennt man sie auch Syn-optiker – deuten in den Evangelien immer wieder an, dass die Wiederkunft Christi durchaus noch zur Erfahrung eines damals lebenden Zeitgenossen werden könnte. Später dann, mit der Feststellung, dass sich die Rückkehr des Gottessohnes verzögert, lieferten die Evangelien dafür ebenso Erklärungen.

So ist das Gleichnis des Matthäus, das wir gehört haben, geprägt von der unsicheren Frage: Ja, wann denn? Matthäus bleibt die definitive Antwort schuldig und lässt seine Zuhörerschaft lediglich wissen: Der Termin ist eigentlich egal. Seid einfach in eurem Leben parat.

Apocalypse – now?

Der Gottessohn kommt zurück und bringt den Himmel auf die Erde – was werden da für Bilder in uns wach? Vielleicht erinnern Sie sich gerade an irgendwelche apokalyptischen Hollywood-Produktionen, die Sie gesehen haben, oder ähnlich geartete Literatur. Aber weit müssen wir eigentlich gar nicht schauen, bis wir auf die Idee von der Rückkehr des Gottessohnes stoßen, als konkrete Vorstellung unseres Glaubens. Jeden Sonntag etwa, wenn wir das Glaubensbekenntnis miteinander sprechen, sagen wir mit den Worten des Apostolicums: Ich glaube an Jesus Christus, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.

Unser Glaube ist es, dass sich nicht nur alles Irdische sondern auch unser Erlösungsgeschehen in Gott in Kreisläufen vollzieht. Dazu gehört dann auch, dass nicht nur wir Menschen uns dem Himmel entgegenentwickeln, sondern dass auch der Himmel auf die Erde kommen will. Wenn es aber auf der Erde himmlisch zu- und hergehen soll, dann müssen wir Menschen uns auch dafür starkmachen, dass dieser Himmel auf Erden seinen Platz finden kann. Dass alle Menschen auf Erden den Himmel spüren können.

Der Himmel auf Erden spürbar werden lassen

Der franzöisische Theologe Alfred Loisy hat im 19. Jahrhundert geschrieben: Jesus verkündete das Reich Gottes – und gekommen ist die Kirche. Oft wird diesem Satz eine Ironie eingehaucht, die ihm aber eigentlich völlig abgeht: Unsere Gemeinschaft von Gläubigen, die Kirche, ist das hier auf Erden angebrochene und in ersten Ansätzen erfahrbare Reich Gottes. Es ist ein Vorgeschmack dessen, was Gott einmal für uns bereithält. Schlecht ist jetzt nur, wenn das hier und heute aufgrund einer unglaubwürdigen Zeugenschaft niemand merkt. Das Evangelium ruft uns auf, hier und heute den Himmel in den Blick zu nehmen und unser Handeln dafür nicht aufzuschieben. Nicht an zukünftigen Generationen liegt es, die Erde ein wenig himmlischer werden zu lassen, sondern an jedem und jeder von uns hier und heute. Wir können das weder aufschieben noch delegieren.

Das Evangelium des heutigen Sonntags scheint auf den ersten Blick Hektik zu verbreiten. Da das Himmelreich auch mit der Ewigkeit einhergeht, ist erhöhte Betriebstemperatur in unserem Glaubensleben wohl kaum angesagt. Wir haben Zeit. Aber der Evangelist lässt uns wissen: Bleibt dran. Erkennt, dass der Himmel ein Anliegen eines jeden, einer jeden ist, wer in Jesu Fußspuren läuft. Also: Zünden wir unsere Lampen an und schauen wir, was unsere Aufmerksamkeit und unser Handeln erfordert. 

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