Und, was glaubst du?
Zum Sonntag der Dreifaltigkeit – Lesejahr C
Geschichte und Lehre
Vor wenigen Tagen hatten wir im Seelsorgeteam ein interessantes Gespräch. Ein Kollege bemerkte mit Blick auf den heutigen Sonntag: Am Dreifaltigkeitssonntag gibt’s in der Präfation weniger einen Lobpreis, sondern mehr eine theologische Vorlesung. Die Präfation ist der Lobpreis zur Einleitung ins Hochgebet. – Ich möchte Sie nun an diesem Festtag mit hineinnehmen in unser Gespräch und stelle Ihnen einmal in Auszügen vor, was uns gleich zu Beginn der Eucharistiefeier erwartet:
In Wahrheit ist es würdig und recht, dir, Herr, heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, immer und überall zu danken. Mit deinem eingeborenen Sohn und dem Heiligen Geist bist du der eine Gott und der eine Herr, nicht in der Einzigkeit einer Person, sondern in den drei Personen des einen göttlichen Wesens. Was wir auf deine Offenbarung hin von deiner Herrlichkeit glauben, das bekennen wir ohne Unterschied von deinem Sohn, das bekennen wir vom Heiligen Geiste. So beten wir an im Lobpreis des wahren und ewigen Gottes die Sonderheit in den Personen, die Einheit im Wesen und die gleiche Fülle in der Herrlichkeit.
Hinter diesem festlichen Lobpreis steht die Lehre einer kirchlichen Versammlung, die im Jahr 381 in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, stattgefunden hat. Hier wurde das Glaubensbekenntnis des vorgängigen Konzils aus dem Jahr 325 bestätigt und weiterentwickelt. Das Ergebnis war das sogenannte Credo von Nizäa-Konstantinopel, das wir aufgrund seiner textlichen Sperrigkeit wohl selten im Gottesdienst miteinander beten, das aber die Grundlage aller anderen folgenden Glaubensbekenntnisse der Kirche darstellt. In diesem Bekenntnis heisst es über unseren trinitarischen Gott:
Wir glauben an den Heiligen Geist,
der Herr ist und lebendig macht,
der aus dem Vater hervorgeht,
der mit dem Vater und dem Sohn
angebetet und verherrlicht wird,
der gesprochen hat durch die Propheten.
Taufe -Vertrag ohne Kündigungsmöglichkeit
Ein Glaubensbekenntnis können Sie vergleichen mit einem Vertrag. Wenn zwei einen Vertrag miteinander abschliessen, dann soll der ja wasserdicht sein und jeglichen Eventualitäten trotzen können. Jenen Konzilien, die unseren Glauben definiert haben, ging es da nicht anders. Der Glaube sollte wasserdicht formuliert sein gegenüber jenen, die Fragen hatten oder andere Zugänge zum Glauben. Ja – und um Macht und Definitionshoheit ging es dabei natürlich auch.
Die politischen Rangeleien der Frühen Kirche des vierten und fünften Jahrhunderts, die durchaus auch mal kriegerische Gestalt annehmen konnten, sind vorbei. Das Credo mit seinem Bekenntnis zum dreieinigen Gott unseres Glaubens aber ist geblieben und gilt bis heute.
Vielleicht schweifen Ihre Gedanken jetzt so ganz allmählich ab und Sie denken gerade: Jetzt echt – das ist mein Glaube? Vermutlich wohl eher nicht in Ihren persönlichen Vorstellungen. Denn das ist eben der Glaube der Kirche, so wie er für unsere Glaubensgemeinschaft definiert ist. Davon unabhängig ist, wie wir unsere Glaubensüberzeugung für uns, vor unserem Herzen, vor unserem inneren Ohr formulieren. Das darf – ja, das muss – sich von den theologisch schwierigen und textlich so sperrigen Formulierungen eines Glaubensbekenntnisses abheben. Beispiele für so einen Ausdruck des Glaubens, wie er von Herzen kommt, bieten übrigens die verschiedenen Briefe des Paulus, der den Glauben immer wieder in kurze Formeln packt, die vielleicht theologisch nicht wasserdicht, dafür aber für ihn passend sind, damit er seiner Umgebung klarmachen konnte, was ihm am Herzen liegt. Heute hörten wir zum Beispiel im Römerbrief: Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. Ein anderes Beispiel findet sich im Evangelium. Wir hörten hier Jesus zu seiner Zuhörerschaft sprechen: Denn der Heilige Geist wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein. – Vielleicht vom Text her nicht wesentlich einfacher als ein Glaubensbekenntnis kommt aber in diesen Worten Jesu ein wichtiger Wesenszug unseres Gottes zum Tragen: Die drei Personen Gottes – Vater, Sohn und Heiliger Geist – sind nicht Konstrukte eines Denkens und der Reflexion, sondern stehen in lebendiger Beziehung zueinander. Sie wirken aufeinander ein und lassen so Glauben vital sein.
Glaube ist Beziehung
Und das ist es, worum es geht: Wer glaubt, steht in Beziehung, ist vernetzt und lebt – gleich wie es die drei Personen des einen Gottes vormachen. Und wer einen lebendigen Glauben voller Dynamik in Beziehungen hat, der kann nicht in Definitionen und sperrigen Formulierungen erstarren, sondern weiss sich getragen von einem Gott, der was mit dem Leben zu tun hat. Wer nur in Formeln und Formulierungen stecken bleibt, steht seinem Glauben beziehungslos gegenüber wie einer mathematischen Formel: Sie mag vielleicht kognitiv herausfordernd und interessant sein, ist aber dann auch ein wenig blutleer. – Die eingefleischten Naturwissenschaftler sehen das vielleicht jetzt ein wenig anders und mögen mir verzeihen.
Der Glaube will unser ganzes Sein in Anspruch nehmen, er ruft nach einem Ausdruck mit Hirn und Herz. Da ist es nicht zuerst wichtig, dass das Bekenntnis des Glaubens theologisch wasserdicht ist, sondern es kommt drauf an, dass es mein Glaube ist, der lebt und zum Ausdruck kommt, und dass dieser Ausdruck Anderen zum Zeugnis wird. In der Kommunikation, in der Weitergabe des Glaubens, kann dieser Glaube schliesslich in mir wachsen, gedeihen und Frucht tragen. Allein in Büchern und Regalen ist er zu musealer Leblosigkeit verdammt und verstaubt.
So möchte ich am Ende nun ein kleines Experiment wagen – in Stille. Schliessen Sie für einen Moment die Augen, stellen Sie sich einen Menschen aus Ihren Beziehungsnetzen vor, dem Sie von Ihrem Glauben erzählen wollen. Wie würden Sie diesem Menschen gegenüber in kurzen, knappen aber aus Ihrem Herzen kommenden Worten Ihr Glaubensbekenntnis formulieren? Was wollen Sie ihm / ihr sagen?
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