Mail aus Abu Dhabi: Paradies im Schatten
Im März dieses Jahres war der Schweizer Weltgebetstag der Frauen ausgerichtet auf verschiedene Hilfsprojekte auf den Philippinen. Zur gleichen Zeit hatte ich die Möglichkeit, selbst auf die Philippinen zu reisen. Unter einem ganz anderen Vorzeichen. Hier in Abu Dhabi bin ich in gutem Kontakt mit vielen Filipinos. So hat mein Freund Raymond dann einmal beschlossen, dass wir seine Heimat anschauen müssten. Mit gewissen Einschränkungen: Er selbst etwa stammt aus Mindanao – eine Gegend mit erheblichem Entführungsrisiko für Westerner. Die Reise führte schliesslich via Manila nach Nord-Palawan, Busuanga und Boracay.
Etliche Wochen nach meiner Rückkehr bin ich immer noch dabei, meinen Eindruck richtiggehend zu formulieren. Zum einen prägen traumhafte Bilder einer tropischen Landschaft meine Erinnerungen. Dann haben wir Menschen in ihren einfachsten Lebenswelten getroffen, von denen wir in Europa sagen würden: «Da herrscht Armut.» Wir haben aber auch gerade in ländlichen Gegenden ein dichtes Netz von Schul- und Krankenhäusern gesehen, das das übliche Bild von Unterentwicklung wieder verrückt. Vor allem aber sind wir Menschen begegnet, die uns mit grosser Gastfreundschaft und Offenheit entgegenkamen. Was sicher durch den Kontakt von Filipino zu Filipino sehr vereinfacht wurde.
Mein philippinischer Freund Raymond, der seit über zehn Jahren in der Glitzerwelt Arabiens lebt, sagt: «Wir sind ein armes Land.» Aber was ist denn Armut wirklich? Ich weiss es noch nicht so richtig.
(Quelle: forum 13/2017)