Macht. Verantwortung. Glaube – Zum Fest der Apostelfürsten
Zum Hochfest St. Peter und Paul
Pleitegeier?
Mit dem Hochfest der Apostelfürsten Petrus und Paulus feiert die Kirche Glanz und Gloria ihres Seins – so hört man immer wieder Gläubige und Kirchenvertreter reden. Tatsächlich ist es so: Fährt man durch die Stadt Rom oder besucht man alte Kirchen, die auf das Patrozinium der Heiligen geweiht sind, trifft man oft auf Heiligenstatuen, die sich stolz und mächtig erheben. Das kann man durchaus falsch verstehen, wenn man diese Darstellungen mit Macht und Herrschaft assoziiert. Denn mächtig und herrschaftlich waren die beiden, die die Tradition auch ‘Apostelfürsten’ nennt, in ihrer Kirche zunächst nach weltlichen Massstäben so gar nicht. Eher Treulose und Verlierer – und genau das macht sie im geistlichen Sinn erst recht so herausragend und beispielhaft.
Aufstehen, Krönchen richten
Die groben Züge der Erzählungen von den Beiden sind uns bekannt. Petrus – zum einen verleiht ihm Jesus die Schlüsselgewalt im Himmelreich, zum andern ist er der, der Jesus an dessen Ende stehen lässt und verrät, als dieser ihn am dringendsten braucht. Paulus – einerseits selbstbewusster Missionar und glühender Zeuge der Botschaft vom Heil in den nichtjüdischen Mittelmeergesellschaften der damaligen Zeit, andererseits Verfolger der frühen Christengruppe und antichristlicher Eiferer zu früheren Zeiten – der frühchristliche Diakon Stephanus gehört wohl zu seinen Opfern. Mehr Ambivalenz geht kaum. Und genau diese Ambivalenz, diese Verbindung der Gegensätze in einer Person macht die zwei Apostel so faszinierend und vorbildlich. Denn findet sich denn nicht so viel von ihrer religiösen Biographie auch in den unsrigen? – Schauen wir näher hin.
Vom Blitz und Hahnenschrei
Wenn Jesus den Petrus zu Macht und Verantwortung beruft: Du bist Petrus – der Fels – und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen, dann zeichnet er seinen Getreuen nicht nur aus, sondern belastet ihn auch ganz gehörig, setzt ihn massiv unter Druck. Jesus weiss um die Möglichkeiten und Fähigkeiten des Petrus, aber auch, dass er seine Grenzen hat und dass die religiöse Grösse des Apostels erst im tiefen Fall so richtig zum Tragen kommen wird. Eine Bekehrung des Petrus hat es ja nie gegeben – wohl aber eine Berufung. Bis zu dem Moment, in dem es Ernst wurde, lief dieser Weg der Berufung zunächst mal glatt und gerade. Beim grossen Scheitern im Hof des Gerichtsgebäudes zu Jerusalem aber, als ein Hahn mit voller Wucht Petrus darauf aufmerksam macht, was Nachfolge Jesu wirklich meint, erkennt der Erste der Apostel das Entscheidende seines Weges. – Ganz anders Paulus. Er war gerade als Christenverfolger so richtig in Fahrt, als der Geist des Herrn ihn zu Boden streckt. Aus dem Militärverantwortlichen mit Macht und Ansehen wird mit einem Blitz plötzlich jemand, der geführt werden muss, dem andere jetzt seinen Weg zeigen müssen. Und es dauert eine Weile, bis Paulus an der Geraden Strasse zu Damaskus im Haus des Judas durch die Handauflegung des Hananias wieder einen klaren Blick bekommt für das, wie es weitergehen könnte. Am Anfang seiner Berufung zum herausragenden Völkerapostel steht erst einmal ein heftiger Sturz.
Demut kommt nach dem Fall?
Wir sehen: Der gelungene Weg zu Macht und Verantwortung in der Gemeinschaft der Christglaubenden führt anscheinend am besten durch den tiefen Fall und die Pleite – es ist ein Weg, der die Demut lehrt. Das ist eine wirklich böse Nachricht unserer beiden Festheiligen. Und wer den Sturz nicht erfahren hat, vor dem liegt die schwierige Aufgabe, auf anderen Wegen jene Demut und Bescheidenheit für sich zu erkennen, auf die es ankommt. Damit am Ende unser Fazit sein kann, was Paulus in seinem Brief an seinen Mitbruder Timotheus so beschreibt: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue bewahrt.
Die gute Nachricht von Peter und Paul aber ist: Wer diese Krisen-Erfahrungen gemacht und damit die Gabe der Demut und kritischen Selbstreflexion erlangt hat, hat das nötige Rüstzeug gewonnen, die christliche Glaubensgemeinschaft kompetent mitzugestalten. Und nur, weil die Bischöfe in der Tradition die Nachfolger der Apostel sind, gilt das nicht nur allein für sie. Jede und jeder, der in der Kirche gestaltend und leitend auftritt, kann sich an den beiden Apostelfürsten ein Beispiel nehmen. Macht und Verantwortung teilen sich ja bekanntlich nicht nur Berufskatholikinnen und Berufskatholiken, sondern auch jede Frau und jeder Mann, die sich in der Gemeinschaft der Kirche engagieren, sich erheben und ermunternd allen anderen zurufen: Kommt, lasst uns mal was machen. Und dann gilt auch: Wer so seine Lust zur Gestaltung unserer Glaubensgemeinschaft auslebt, tut nicht nur dieser Glaubensgemeinschaft etwas Gutes, sondern zweifellos auch sich selbst, seinem eigenen Ego: Mit anderen meine Ideen aushecken und umsetzen, das tut nicht nur den anderen gut, sondern auch ganz gehörig mir selbst. – Das gilt für den Bischof von Rom bis hin zu jeder Vorbeterin in einer Rosenkranzgruppe.
Worauf es am Ende ankommt
Die beiden Apostelfürsten lehren uns also einmal mehr: Macht zur Gestaltung und Verantwortung in unserer Kirche machen Freude – ganz gleich, in welchem noch so kleinen Rahmen. Aber sie wollen gelernt und reflektiert sein. Wer in unserer Kirche Macht hat und Verantwortung trägt, der darf nicht nur vorreiten, sondern muss sich auch selbst und das, was er tut, immer wieder reflektieren, muss sich selbst im Spiegel betrachten können. Sonst passiert es, dass man aus heiterem Himmel wie vom Blitz getroffen oder vom Hahnenschrei erinnert wird.
Petrus und Paulus erinnern uns an ihrem Festtag aber noch an etwas anderes: Wenn wir auch diese Kirche mit Freude und Lust gestalten – jede und jeder mit ihren und seinen Gaben -, dann geht es bei unserem Tun wohl sicher auch um uns selbst, aber doch zu allererst um jenes Ziel, für das Petrus so geglüht hat – wir hörten es: den Christus, den Sohn des lebendigen Gottes! Oder mit den Worten des Paulus: Ihm sei die Ehre in alle Ewigkeit.
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