Kirchweih auf arabisch
Da musste ich also fast fünfundvierzig Jahre alt werden und knapp achtzehn Jahre im kirchlichen Dienst hinter mich bringen, um einmal eine Kirchweihe mitzuerleben. Gut – das liegt auch nicht gerade im Trend. Für gewöhnlich verkauft man Kirchen auch eher oder reisst sie ab, als dass man neue baut und einweiht. Hier in Arabien geht der Trend hingegen andersrum. Innerhalb von zwei Jahren ist es nun die dritte Kirche, die der Bischof von Abu Dhabi ihrer Bestimmung übergeben kann: nach St. Anthony of Padua in Ras al-Khaimah im Juni 2013 und St. Therese in Abu Dhabi im Oktober 2014 nun also am 12. Juni St. Paul in Mussafah. Nicht ganz korrekt: Eigentlich begannen die Feierlichkeiten schon am Vorabend, am 11. Juni, mit der feierlichen Eröffnung durch die Vertreter der Landesregierung.
Aber von vorn. Als ich ziemlich genau eine Woche vor der Eröffnung einmal nach Mussafah gefahren bin, um mir die neue Perle mal vor dem grossen Rummel anzuschauen, war schon die Anfahrt ein Abenteuer für sich. Nachdem mir Fr. Paul, der Custos der Kapuziner, die Wegbeschreibung wie ein Mantra vorgebetet hatte, bin ich also los – um mitten im Industriegebiet von Mussafah völlig verloren zu gehen. Da waren nur furchtbare Staubwolken, Labor-Camps und endlose Schlangen von Trucks – aber eine Kirche konnte ich beim besten Willen nicht finden. Nun gut, den zweiten Anlauf unternahm ich also mit hilfreicher Begleitung – und inmitten dieser etwas unwirtlichen Umgebung fanden wir schliesslich St. Paul’s. Ich war schlicht erschreckt. Wir standen inmitten einer wüsten Baustelle. Kein Mensch hielt es für möglich, dass da wenige Tage später ein grosses Einweihungsfest stattfinden soll.
Von solchen Eindrücken darf man sich hierzulande allerdings nicht erschrecken lassen. Innerhalb einer Woche haben Dutzende von Menschen, die buchstäblich Tag und Nacht gearbeitet haben, Wunder vollbracht. Kurz nach meinem Besuch war das Pfarrhaus bezugsbereit und die entsandte Truppe – grösstenteils Mitbrüder aus St. Joseph – konnte einziehen. Und als der Abend der feierlichen Eröffnung schliesslich da war, glänzte St. Paul’s in jeder Ecke.
Tags zuvor reisten bereits der Staatssekretär des Vatikans, Pietro Card. Parolin, sowie der Apostolische Nuntius für Arabien, Erzbischof Petar Rajic, an und trafen sich mit Bischof Hinder und Regierungsvertretern zum diplomatischen Austausch in Dubai. Am Abend des 11. Juni erfolgte dann schliesslich in Anwesenheit von geladenen Gästen aus den Kreisen von Gönnern und Freunden der Kirche und gut zweitausend Interessierten die feierliche Eröffnung durch den UAE-Minister für Jugend, Kultur und Gesellschaftliche Entwicklung, Sheikh Nahyan bin Mubarak Al Nahyan, sowie durch den Kardinalstaatssekretär, den Apostolischen Nuntius und die beiden Apostolischen Vikare für Nord- und Südarabien. Gefolgt von einem opulenten Gastmahl. Alkoholfrei, versteht sich.
Der kirchliche Akt – die eigentliche Kirchweihe – geschah tags drauf als feierliches Pontifikalamt unter der Leitung von Pietro Card. Parolin. Auch für den Kardinal war die Feier ein seltenes Ereignis: Die Weihe des Altares – eine Salbung mit geweihtem Öl – zelebrierte er derart hingebungsvoll und ausserordentlich, dass die Kollegen, die für die anschliessende Reinigung zuständig waren, zusehends nervöser wurden. Am Ende wurde dann aber alles gut. Und auch dieser Tag endete mit einem grossen Essen für alle Anwesenden – für gut siebentausend Mitfeiernde: eine logistische Meisterleistung.
Nun gilt’s, Leben in die Hütte zu bringen. Gemäss den neuesten Berichten des Pfarrers gelingt das aber ganz anständig. Auch das Religionsunterrichtsprogramm steht – woran unser Department nicht ganz unbeteiligt ist. Erhebend, bei solchen Neuanfängen dabei zu sein.
Mehr Bilder: hier und in unseren offiziellen Webalben (Inauguration und Weihe)