Kirche bauen heute – nur mit nassen Füssen

,

Zum 3. Sonntag der Osterzeit – Lesejahr C

Eine schwierige Beziehung?

Eine Partnerschaft wäre jetzt wohl dahin. Wenn er sie, sie ihn oder in welcher Konstellation auch immer dreimal fragen muss: Liebst du mich?, dann stellt sich die Frage, was denn da bei den beiden so los ist. Misstrauen, Unglaube, Eifersucht? – es scheint dann jedenfalls um diese Beziehung nicht zum Besten bestellt zu sein.
Die Szene, die sich da am Ende der heutigen Evangeliumsperikope abspielt, provoziert ähnlich seltsame Gefühle. Dreimal hakt Jesus nach: Liebst du mich? In unseren Gedanken können wir die Gesichtszüge sehen, die Petrus da entgleiten.

Kirche – die nächste Generation

Versuchen wir eine Einordnung der Geschehnisse. Sowohl zeitlich wie auch im Ablauf des Johannesevangeliums befinden wir uns in der Zeit nach Ostern – und damit in einer völlig neuen Situation der Beziehung Jesu dem Christus mit seiner Jüngerschaft. Jesu Begleiter sind nicht mehr der vorösterliche Kreis seiner Freunde – diese Menschen sind nun einerseits Zeuginnen und Zeugen der Auferstehung und dann noch viel mehr Gesandte an Jesu Statt. Wenn Jesus sie in welcher Weise auch immer anspricht, dann schwingt da immer auch dieser Sendungsbefehl mit, der am Pfingstfest schliesslich seine gesamtkirchliche Dimension erreicht. Schon jetzt gibt Jesus dem Petrus in seiner Enttäuschung mit: Weide meine Schafe! Und macht ihm klar: Schau jetzt über deinen eigenen Tellerrand hinaus; denke, fühle und handle im Sinne des ganzen Erlösungsprojektes Gottes. Oder mit den Worten des Evangelisten: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.

Die vorhergehenden Worte der Perikope schlüsseln auf, was damit gemeint ist – nicht nur für den Petrus, sondern auch für alle, die sich den Schuh dieser Osterbotschaft anziehen wollen, weil sie als Getaufte in den Fussspuren Jesu laufen. Also auch für uns. – Diese heutige Evangeliumsperikope ist eine vielschichtig komponierte Geschichte, sie ist geradezu eine Tauf- und Firmpredigt des Evangelisten – mit dessen äusserst reichhaltigen Stilmitteln und Bildern. Aber es sind auch Worte an alle, die schon längst getauft und gefirmt oder gar geweiht sind.

Fischen gehen ohne nass zu werden?

Wir hören zu Beginn der Geschichte, dass die Jünger zum Fischen gehen – nun ja: Für Fischer war das eigentlich nicht sonderlich erwähnenswert. Doch bereits hier ist aus der Sicht des Evangelisten das Fischen bildhaft gemeint und sie sind nicht mehr als Fischer am See, sondern als Menschenfischer unterwegs: Die Freunde Jesu sollen Menschen für Christus gewinnen. Und sie müssen lernen: Wenn sie da nur ihren eigenen Ideen im Kopf folgen ohne Antworten auf Fragen wie: Was machen wir hier eigentlich? Was ist denn der Sinn unseres Tuns?, scheitern sie. Es kommt nichts dabei heraus. Vor aller Aktivität braucht es eine Antwort auf die so wichtige Frage: Wo ist die richtige Seite zum Fischen, – was macht Sinn, was ist angemessen, was führt weiter? Und dann: Im Vertrauen auf den Herrn und mit der richtigen Strategie – und nur so – funktioniert alles: Schon geht den Jüngern die Welt – angedeutet in Form von hundertdreiundfünfzig Fischen – ins Netz der Begeisterung für Christus. Das hat sich in der Nachfolgegemeinschaft Jesu bis zu unserer Zeit nicht geändert. Eine Kirche, die sich in wildem Aktionismus ergeht – “man muss ja was machen” -, ist eine Kirche, die wie Petrus nackt im Wasser paddelt. Deren Netze zerreissen früher oder später. Erst eine Kirche, die weiss, was sie tut und warum sie es tut, ist eine Kirche, die nicht im Trüben fischt. Das ist anstrengend, das kostet Kraft – zweifelsohne. Aber anders geht es nicht. Nach ihren Erfahrungen würden das die Fischer vom See Genesareth aus dem heutigen Evangelium sicher bestätigen.

Fische fliegen nicht

Card. Robert F. Prevost (Bild: ©Consejo Nacional)

So wie damals die Jünger bis zur Hüfte im Wasser standen, um zu fischen, geht es auch heute nicht anders. Wenn heute solche, die Kirche gestalten wollen, in einer Flughöhe über den Dingen kreisen, in der sich die Realität der Welt und unserer Glaubensgemeinschaft nicht mehr wahrnehmen lässt, bleiben die Netze leer und die Fragen ungelöst oder sie werden erst gar nicht vernommen.

Und – liebst DU mich?

Was geht mich das an, fragen Sie sich vielleicht gerade – das sind Worte für Berufskatholikinnen und Berufskatholiken. – Nein, die Frage Jesu an Petrus ist keine Frage, die so ziellos durch den Kirchraum schwebt, bis sie sich auf irgendeiner Kathedra niederlässt – sie ist eine Frage, die sich an jeden Einzelnen und jede Einzelne richtet: Liebst DU mich? Natürlich muss die Kirche auf diese Frage als ganze antworten – aber ganz genau so auch jede und jeder einzelne Getaufte. Und diese Frage wird sich uns in der Nachfolge Jesu sicher viel öfter als nur dreimal stellen. Das Gebot der Christusnachfolge ist und bleibt eine lebenslängliche Herausforderung.

Es ist gesorgt

Das ist kein Grund zur Sorge oder zur Beunruhigung, eher zur österlichen Freude. Wie eingangs angedeutet, kleidet der Evangelist seine Botschaft in eine vielschichtig und vorsichtig komponierte Geschichte. Darin auch der Hinweis: Wir brauchen uns nicht selbst zu führen, nicht selbst zu ermutigen, nicht selbst zu nähren. Hörten wir doch: Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf [bereits] Fisch und Brot liegen. – Gott selbst kommt unserem Tun zuvor, er stattet uns aus mit dem, was es braucht – und er lädt ein, dies zu mehren und zu teilen.

Besonders in diesem Heiligen Jahr 2025 sind wir Pilgerinnen und Pilger der Hoffnung. Mit einer Grundhaltung der Hoffnung im Denken und Fühlen und einer Grundtendenz der Besonnenheit und der klugen Strategie im Handeln lässt sich gut und sicher eine Kirche der Zukunft bauen. Sodann gilt auch für uns, was die Apostel einst für sich erkannt haben: Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm folgen.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert