Jesus – Gottessohn und Zimmermannssohn

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Zum 14. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr B


Prophet im eigenen Haus

Im heutigen Evangelium macht Jesus auch so eine Erfahrung. Er ist durch Galiläa gezogen, hat Gottes Wort verkündet und Menschen geheilt. Er hat Anhängerinnen und Anhänger begeistert und sie haben sich ihm angeschlossen. Einige Geschichten erzählen, wie die Massen an ihm hingen. Nun kehrt er für einen Moment nach Hause zurück und geht auch dort seine Wege, die er gewohnt war: Am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. Statt sich aber an seiner Botschaft aufzuhalten, geht es den Leute um seine Person: Der Zimmermannssohn, der Nachbar, vielleicht Mitschüler – wie auch immer -, soll jetzt ein Lehrender und Heiler mit Einfluss sein. Die Leute wollen es nicht glauben und diese sind so mit Jesus und seiner Vergangenheit beschäftigt, dass nachhaltige Heilsverkündigung abgesehen von ein paar Einzelmomenten nicht passieren kann. Tja, so ist das. Jesus nennt ihr Verhalten Unglaube. Vielleicht war das so – vielleicht war es auch schlicht ein Desinteresse. Was Jesus ihnen an Wort und Beispiel da anzubieten hat, spielt halt für ihr Leben anscheinend keine Rolle – und so hören sie nicht hin und arbeiten sich stattdessen an oberflächlichen Fragen ab: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist? Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen? – Für die Leute in Nazareth zunächst einmal eine verpasste Chance.

Privilegien habe eine kurze Halbwertszeit

Wie gehen wir mit solchen Momenten um? Im Beruf, in den Kreisen, wo wir unsere Freizeit oder Ausbildung verbringen, sind wir gern gehört und geachtet, daheim aber zählt das alles nicht. Solch eine Erfahrung kann wie gesagt etwas sehr Heilsames an sich haben, vor allem wenn wir angesichts dieser Momente eine Antwort suchen auf die Frage, welche Position unseres Lebens uns denn wirklich etwas bedeutet: die herausragende und geachtete oder eingereiht in die Normalität.
Noch einmal um vieles spannender wird diese Frage, wenn wir sie stellen vor dem Hintergrund unserer kirchlichen Aktivitäten und unseres Glaubenslebens: Weil wir eine Glaubensüberzeugung haben, weil wir im Kontext von Glaubenden vielleicht eine besondere Rolle spielen, weil wir in der Kirche ein Amt innehaben, eine Aufgabe erfüllen oder aus welchen Gründen auch immer: Sind wir darum wer, den man überall in spezieller Weise achten muss? Sind wir darum jemand, den das Leben in einer besonderen Weise privilegiert hat? – Wer das glaubt, den lässt die Erfahrung Jesu im heutigen Evangelium wissen wie unrecht er oder sie hat.

Für die Heilsbotschaft reicht ein simples Ich

Ein glaubwürdiger Zeuge oder eine glaubwürdige Zeugin der Frohbotschaft braucht nicht ein besonderer Jemand zu sein, gar mit kirchlichen Titeln versehen oder in besonderen Rängen der Kirche zu stehen. Jesus macht es vor: Das alles braucht es nicht. Ein glaubwürdiger Zeuge oder eine glaubwürdige Zeugin der Frohbotschaft weiss sich hinter die Botschaft zurückzuziehen und sie für die Welt transparent zu machen. Wie Paulus es erkennend formuliert: Damit ich mich wegen der einzigartigen Offenbarungen nicht überhebe, wurde mir ein Stachel ins Fleisch gestoßen: ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe.
Ein glaubwürdiger Zeuge oder eine glaubwürdige Zeugin der Frohbotschaft soll nichtsdestotrotz mutig und selbstbewusst verkünden – aber Christus den Gekreuzigten und Auferstanden und nicht sich selbst. Schauen wir uns derzeit ein wenig um in den Kirchen und christlichen Glaubensgemeinschaften, kommt doch schon hier und da die Frage auf, ob das allen so bewusst ist – auch in den Leitungsetagen der Kirche. Paulus erkennt für sich selbst: Die Kraft [Gottes] wird in der Schwachheit vollendet. Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt. Solche Demut soll uns Vorbild sein. Nicht immer ganz einfach.

Propheten sind Networker

Als Gott den Propheten Ezechiel berufen hat, war damit für ihn auch die Position des Verkünders definiert: Mögen sie [- die Völker -] hören oder es lassen, sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war. – Wer nachhaltig Frohbotschaft verkünden will, kann nicht hinter oder über seiner Zuhörerschaft stehen, sondern muss mit den Menschen in Beziehung und somit mittendrin stehen. Die Notwendigkeit solcher Beziehungen gilt für jede Christin und jeden Christen. Glauben leben und verkünden kann man nicht von oben nach unten, auch wenn sich immer noch Menschen finden, die das so von der Kirche erwarten, oder kirchliche Amtsträger, die das so gern praktizieren. Glauben leben lässt sich nur glaub-würdig in Beziehung. Wer in Beziehung steht, schaut hin, hört, fühlt sich ein, wendet sich zu. Fraglos geht dabei immer auch einiges schief, sind Konflikte vorprogrammiert. Aber so ist das nun einmal in Beziehungen von Menschen. Das darf unserem Bemühen nicht im Weg stehen.

Weil wahrhaftiges Glaubenszeugnis, wie immer es auch aussieht, nicht als grosse Show daherkommt, kann es eben auch passieren, dass es überhört oder übersehen wird. So wie es dem Gottessohn in seiner eigenen Heimat passiert ist. Lassen wir uns darum aber in unserem Dienst an der Frohbotschaft nicht entmutigen. Oder wie sagt’s Paulus: Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, […] denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

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