Gottes Reich – auch unsere Sache

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Zum 27. Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A

Die Parabel von den bösen Winzern ist eine Kampfansage an die damaligen Vertreter des Judentums, die für Jesus und viele seiner Anhänger tödlich endete. Sie fordert aber auch von uns, die Früchte des Reiches Gottes zu erbringen.

Kampfansage an die Vertreter des Judentums

Das Evangelium des heutigen Sonntags ist wie ein Krimi. Wenn man es in Filmmaterial umsetzen würde, dann könnten wir jetzt geradezu ein Knistern im Raum wahrnehmen.
Es beginnt mit den Worten: Jesus sprach zu den Hohenpriestern. Diese Einleitung ist wichtig, um das Ende des Textes und vor allem sein Knistern mitzubekommen, das für genau diese Hörerschaft der Synagogenleute wirklich nicht »Frohbotschaft« gewesen ist: “Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die Früchte des Reiches Gottes bringt.” Dieses Fazit aus der Parabel ist bestens geeignet, um den Konflikt zwischen Jesus und seinen Gegnern weiter anzufeuern. Jesus sagt den Vertretern des Reiches Gottes auf Erden zu seiner Zeit, den jüdischen Schriftgelehrten und Hohenpriestern, an, dass ihre Zeit um ist, dass sie gleichsam die religiöse Kündigung erhalten würden. Meint auch: Dass ihnen das Fundament ihres Seins genommen wird.

“Ihr seid draußen”

Lassen wir die Vorwürfe Jesu an die Vertreter des Judentums, so wie der Evangelist Matthäus sie in Szene setzt, einen Moment länger auf uns wirken, um ihre Ungeheuerlichkeit nachspüren zu können. Zunächst ist den frommen Zuhörern sofort klar, was Jesus meint. Jesus greift zurück auf das Weinberglied aus dem Prophetenbuch Jesaja, in dem Israel als ein gepflanzter Weinberg beschrieben ist. Und der Gutsbesitzer, der die Pflanzung eingerichtet hat, ist Gott selbst, die Winzer die Repräsentanten des Judentums, zu denen Jesus gerade spricht. Im Weinberglied Jesajas werden die Männer des Volkes Israel als Verlierer hingestellt. Und damit kommt schon der erste Vorwurf. Als eine Zeit der Korrektur anstand, sandte Gott Knechte zu den Winzern: seine auserwählten Propheten. Sie wurden gar nicht erst angehört, sondern verstoßen – das war in der Tat das Schicksal vieler Propheten. Schließlich sandte Gott seinen Sohn, den Erben. Den brachten sie geradewegs um. Der Evangelist lässt Jesus hier über sein eigenes Schicksal reden und macht so auch deutlich, dass der Tod Jesu schon zu frühen Zeiten seines Handelns akzeptierte Konsequenz ist. 

Die Vertreter der Synagogengemeinde aber, an die Jesus seine harschen Worte richtet, sind die Mitglieder dieser Winzergemeinschaft, die Gott – dem Gutsbesitzer – nicht das rechte Maß Dienst und Ehrfurcht zukommen lassen. Und ihnen sagt Jesus: Eure Zeit ist zu Ende. Oder um es mit den theologischen Gedanken vom Reich Gottes zu formulieren: Der Alte Bund scheint gebrochen. Ein neuer Anfang muss heranbrechen, für den Jesus das Fundament ist, der Eckstein, den die Bauleute verwarfen.

Eine tödliche Ansage

Das Evangelium ist ein Zeugnis aus religiös turbulenten Zeiten. Zur Zeit der Abfassung des Evangelisten etablierte sich die junge Christengemeinde gerade und das meinte auch: sie musste sich behaupten. Dazu erklärt die Parabel, die wir gehört haben, die Rolle Jesu im Heilsplan Gottes: Jesus vollendet und erhöht alles, was schon gewesen ist: Der neue Bund in Jesus Christus ist nicht nur eine Ablösung des Alten Bundes, sondern auch eine Alternative, weil die Partner Gottes im Alten Bund versagt haben und abgelöst werden müssen. Ja, Jesus lässt mit den Worten des Evangelisten Matthäus die Leute wissen: Im Heilsplan Gottes habt ihr versagt

Mit dieser Darstellung wird nun auch deutlich, dass der Tod Jesu nicht nur eine Folge des Konflikts ist, sondern ebenso auch für den Heilsplan notwendig. Wenn mit Jesus alles radikal neu werden soll, dann muss er auch gegebenenfalls radikal bis ans Äußerste gehen. Und das ist Frohe Botschaft an dieser Parabel vom Mord am Erben des Gutsbesitzers: Der Gutsbesitzer, so hörten wir, vermag seinen Sohn hinzugeben, um den Weinberg in seiner Bestimmung zu halten. Und genauso gibt Gott seinen Sohn dahin, um das Versprechen vom Heil immer noch durch alle Zeiten bis heute umsetzen zu können und nicht irgendwelchen Entwicklungen preiszugeben, die dieses Heil verschleiern. Und dieses Verschleiern war es, dass die ersten Christen den Juden ihrer Zeit vorwarfen.

Wir kommen auch vor

Die Parabel vom Mord am Weinbergbesitzer war aber nicht nur eine Mahnung an die Prominenten der Synagogengemeinde zur Zeit des Evangelisten. Diese Geschichte stellt auch uns hier und heute einige Fragen. Lassen wir einmal mehr die Personen der Geschichte an uns vorbeiziehen und schauen wir sie an. Und stellen uns die Frage: Wer etwa unter all den genannten Mitspielern ist uns ganz spontan am nächsten, oder besser: am vertrautesten? – Können wir den Gutsbesitzer und sein Anliegen und seine Absichten verstehen? Soll heißen: Sind wir bereit, uns für die Sache Jesu mit unserer Existenz einzusetzen? am Reich Gottes zu arbeiten, dass es zum Heil der Menschen dient und nicht zum Abbild unserer eigenen Ideen wird?

Oder müssen wir feststellen, dass uns das Wesen dieser Winzer ja irgendwie nicht ganz fremd ist? Wir schaffen wohl gern in diesem Weinberg des Herrn, wir sind ganz gerne religiös, fromm und andächtig, aber eigentlich mal zuerst für uns selbst und für unser Wohlbefinden. Wenn Glaube aber fordernd oder gar herausfordernd wird, ist es nicht mehr so unser Ding? 

Oder entlockt uns die Sicht auf die Knechte des Gutsbesitzers einen deprimierten tiefen Seufzer: Sie sind diejenigen, die für den Weinberg, also für das Reich Gottes, ihre Haut riskieren und dazu ordentlich Prügel beziehen. Und wir stellen für uns selbst fest, dass wir uns ja auch wohl gern für das Reich Gottes einsetzen, aber dass uns das ja eigentlich schon als recht frustrierende Angelegenheit zusetzt, weil wir meinen, dass das, was dabei herauskommt, nicht so richtig das ist, was wir gern hätten?

Wir sollen das Volk sein, “das die Früchte des Reiches Gottes bringt”

Die Geschichte des heutigen Evangeliums ruft uns zu einer Kehrtwende auf. Die Mordgeschichte zeigt uns nur Menschen, die dem Reich Gottes mit all dem Negativen, das sie mitbringen, schwer zusetzen. So aber kann Reich Gottes nicht wachsen. Und daher mahnt der Evangelist uns implizit, vielmehr zu einer Haltung der Dankbarkeit und Demut zu finden, die uns das Heilsgeschenk Gottes in unserem Leben mit offenem Herzen annehmen lässt. Um daraus die Kraft zu schöpfen, dieses Geschenk auch dankbar weiterzugeben. Wir sollen das Volk sein, das die Früchte des Reiches Gottes bringt, wie es am Ende des Evangeliums heißt. Der Apostel Paulus bringt das in seinem Brief an die Gemeinde in Philippi so auf den Punkt: “Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott! Und der Friede Gottes, der alles Verstehen übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken in Christus Jesus bewahren.”

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