Eucharistie: Geheimnis des Glaubens und wirkliches Leben
Eine Katechese, die es in sich hat
Es knistert einmal mehr in der Jerusalemer Luft. Bei einem großen Fest im Vorfeld von Pascha begegnet Jesus in der Hauptstadt an einem der Tore einem Gelähmten und heilt ihn – an einem Sabbat, so hören wir einige Zeilen vor der Textstelle des heutigen Evangeliums. Die Offiziellen der Tempelgemeinde und der Stadt werden aufmerksam auf diesen aufrührerischen Zimmermann aus Nazareth. Schließlich hält Jesus den Gemeinde-Offiziellen eine Standpauke: Wenn ihr Mose glauben würdet, müsstet ihr auch mir glauben; denn über mich hat er geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubt, wie könnt ihr dann meinen Worten glauben?, hören wir den Gottessohn im 5. Kapitel des Johannesevangeliums schimpfen. Diplomatische Reden tönen anders. Die Menschen aber finden an Jesu Auftreten wohl noch was Faszinierendes – sie hören ihm zu – und schließlich folgen sie ihm. Er zieht sie in seinen Bann, und dass das Neidereien provoziert, ist auch nachvollziehbar. – Gerade knistert es nur in Jerusalem, das fatale Ende Jesu kommt später.
Wer es fassen kann…
Als Jesus sich schließlich vor die Tore Jerusalems begibt, folgen ihm die Massen – sie wollen ihn noch mehr hören und erleben. Der Auftritt Jesu wandelt sich nun – von der deutlichen Rede zur Wundertat. Seine Autorität ist hergestellt, nun kann er sie nutzen: Als die Menschenmenge Hunger hat, feiert Jesus – eben schon bereits im zeitlichen Schatten des Paschafestes – ein Mahl mit ihnen und ist in der Lage, mit ganz Wenigem alle satt zu machen. So hören wir zum Ende des 5. Kapitels des Johannesevangeliums. – Das Wunder sitzt. Es sind nicht die großen Dinge oder die großen Taten, die Wirkung erzielen. Jesu Botschaft: Gott ist im Kleinen und lebensnah.
Im Anschluss nun lässt der Evangelist Johannes all das, was durch Jesus geschehen ist, den Gottessohn für die Menschen ausdeuten. Die »Brotrede«im heutigen Evangelium ist eine der zentralen johanneischen Katechesen. Ihre Tonalität ist empathisch, zielt auf die Zuhörerschaft – ganz anders als die Kampfansagen gegen die Führenden der Tempelgemeinde zuvor. Und sie verlangt der Zuhörerschaft Jesu ungeheuer viel ab. Denn Jesus macht das Gefährlichste, was man in einem religiösen Kontext machen kann: Er bricht mit uralten Traditionen.
Nicht genug, dass er in Jerusalem am Sabbat heilt. Unmittelbar vor dem Pessachfest geht er nun hin und deutet einen der zentralen Inhalte jüdischer Glaubenstradition um: Die Feier des Manna-Geschehens, als Jahwe sein Volk Israel beim Durchzug durch die Wüste vor dem Hungertod bewahrt hat, wird nun zu einer Begegnung mit Gott selbst in der Person des Sohnes: “Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.” Wer es fassen kann, der fasse es. Wären damals Social Media schon üblich gewesen, könnten wir uns die Empörungsrhetorik gut vorstellen. Der entscheidende Unterschied zwischen dem Brotwunder der Wüste und der Begegnung mit Jesus im Sakrament des Brotes tut sich dann in den letzten Worten des heutigen Evangeliums auf: “Es ist nicht wie das Brot, das die Väter gegessen haben, sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.”
Ein ungeheurer Anspruch
Der Anspruch Jesu ist ungeheuerlich und es brauchte all diese vorhergehenden Episoden, diese Predigten und Begegnungen, um den Glauben an diese lebensstiftende Wirkung Jesu in die Menschen einzusenken.
Der Evangelist Johannes komponiert diese verschiedenen Perikopen zu einer faszinierenden eucharistischen Katechese, zu einem Lehrstück über die Bedeutung des Sakramentes von Wein und Brot. Und in diesem Lehrstück – eben in den Episoden, Predigten und Begegnungen – sind alle Erfahrungen der Menschen mit diesem lebensstiftenden Anspruch Jesu und seiner Wirkung enthalten: Da ist die Rede von begeisterten Followern, es geht aber auch um lange Wege zum Verständnis – etwa beschrieben als Reisewege, die die Menschen unternehmen, um Jesus zu erleben. Und schließlich ist da auch die Rede von Ablehnung: “Wie kann er nur”, sagen die Verantwortlichen aus der Synagogengemeinde.
Da kommt auch unser Leben vor
Diese eucharistische Katechese ertönt nun auch bei uns im Kirchraum. Auch wir hörten Jesus sagen: “Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.” Schauen wir uns ein wenig in unserem persönlichen Glaubensleben um, werden da vermutlich ähnliche Erfahrungen wie in den Textstellen rund um Jesu Brotrede aufkommen: Wir spüren immer wieder die Begeisterung für Jesu Worte und sein Wirken, wir können nicht genug von ihm bekommen. Wir kennen Momente des Zweifelns, der Irritation: “Wie kann er nur”, wie soll das alles gehen, kann das wirklich gehen?
Die Begegnung mit dem Herrn in der Gestalt des Brotes ist keine einfache, immer gleiche Erfahrung. Wie wir ihn erfahren, mit welcher Haltung wir ihm begegnen, was der Moment der sakramentalen Begegnung mit uns macht, kann je sehr verschieden sein. Ob er uns berührt, ob er uns wirklich verwandelt, oder ob der Moment einmal doch weniger einfährt und mitnimmt als erwartet, hängt oft von der jeweiligen Situation ab. Und diese Wirkung des Sakramentes ist letztendlich auch ein Gnaden-Geschenk Gottes. Jesu frohe Botschaft in der Brotrede lässt uns aufatmen. Wie er wirkt und was er mit uns anstellt, hängt eben nicht ab von unserer Befindlichkeit, sondern allein von seiner Zusage. – Und die gilt in jedem Moment: “Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.”
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