Beruf: Menschenfischerin / Menschenfischer

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Zum 3. Sonntag der Osterzeit – Lesejahr C

Wir begehen heute den dritten Sonntag der Osterzeit und befinden uns noch immer mitten im Geschehen, das die Herzmitte unseres Glaubens ausmacht. Die Feiern führen uns zu den Wurzeln unseres Glauben, führen uns Formen des Glaubenslebens vor Augen und zu Gemüte, wie sie seit Beginn der Kirche gelebt werden.
In den acht Tagen nach dem Osterfest, die wir wie einen einzigen Tag gefeiert haben, lag das Augenmerk auf denen, die – wie es im Hochgebet heißt – aus “Wasser und dem Heiligen Geist zum neuen Leben geboren” wurden, auf den am Osterfest Getauften. Sie haben uns auch noch einmal zu unserer eigenen Taufe geführt.
Die Osteroktav haben wir abgeschlossen mit dem Weißen Sonntag, mit dem Tag, nach dem in der Alten Kirche erstmals die Neugetauften nicht mehr in ihren weißen Kleidern in der Gemeinde erschienen.

In diesen Tagen nun wendet sich der Blick auf uns alle, die wir “Christus angezogen haben”, wie es der Taufritus sagt: Wir schauen in der Verkündigung im Gottesdienst auf die ganze Kirche als Nachfolgegemeinschaft Jesu Christi, die ihren Ursprung in der Feier der Ostergeheimnisse hat.

Ein volles Netz, hoher Besuch und ein Essen…

An diesem Sonntag werden wir dazu mit einem ungewöhnlichen Evangelien-Text konfrontiert, der es in sich hat.
Auf den ersten Blick kommt uns der Bericht im 21. Kapitel des Johannesevangeliums als eine wunderbare Geschichte entgegen, die uns atmosphärisch ergreift und mit hineinzieht. In mir erweckt sie Reiseerinnerungen an Galiläa: Die Begegnung mit dem Ort des Geschehens gehört zu meinen besten Erfahrungen unterwegs.

Aber: Was wird eigentlich erzählt? Was gibt uns der Evangelist Johannes mit auf den Weg? Warum diese so komprimierte Erzählung am Ende des Johannesevangeliums, obwohl doch über die Auferstehung Jesu und damit über den Grund unseres Glaubens alles gesagt ist?

Schauen wir uns den Text genauer, fällt auf, dass sich im heutigen Evangelium gut drei Geschichten ausmachen lassen: Es wird erzählt von einem Fischfang, von einer Erscheinung des Auferstandenen und einem Mahl, das Jesus mit seinem Jüngern hält. – Und all diese Motive sind uns nicht  unbekannt, sie sind uns in der Schrift bereits an verschiedenen Stellen je einzeln begegnet und sind hier am Schluss des Johannes-Evangeliums zu einer Geschichte zusammengearbeitet.

…werden  zum Bauplan für die Kirche!

Diese neue Zusammenstellung hat nun eine andere Aussageabsicht als die drei einzelnen Erzählungen an ihren ehemaligen und originären Stellen.

Wenn Petrus zu Beginn der Handlung ausdrücklich sagt, er ginge fischen, dann ist das für jemanden, der von Beruf Fischer gewesen ist, eigentlich nichts Bemerkenswertes. Hören wir aber mit, dass Jesus ja einmal zu ihm – nach dem Evangelisten Lukas – gesagt hat, er wolle ihn zum Menschenfischer machen, bekommt dieser Aufbruch eine ganz andere Bedeutung: Im Fischfang lässt der Schreiber der vorliegenden Geschichte Petrus seine Aufgabe erfüllen. So wird das Werk, das Jesus begonnen hat, fortgesetzt.

Die Begleiter des Petrus sind Männer, die mit Jesus ihren eigenen und speziellen Erfahrungen gemacht haben. Diese Sieben – in der jüdischen Tradition eine Zahl der Fülle – verkörpern ähnlich wie die zwölf Apostel eine neue Sammlung von Nachfolgern Jesu. Sie helfen Petrus, das Werk zu vollenden, zu dem er berufen wurde. Dieses aber gelingt dann erst, als Jesus als Auferstandener ihnen selbst zu helfen beginnt.

Und da die zweite Erzählung: Jesu Erscheinen erinnert uns an jenen Auferstehungsbericht, in dem Maria von Magdala erst mit Verzögerung den Auferstandenen erkennt.
Schließlich wird berichtet, dass Jesus hingeht und mit den Männern Mahl hält, wie er es traditionell oft getan hat, zuletzt mit den zwei Männern in Emmaus.

Der nächste Schritt

Diese eine Geschichte vom Fischfang, von der Erscheinung des Auferstandenen und vom gemeinsamen Mahl, das der Auferstandene mit seinen Jüngern hält, tritt uns als ein reichlich poetisch formulierter Missionsbefehl entgegen: Wen Jesus zum Fischer – und im Sinne Jesu dürfen wir heute auch sagen: zur Fischerin – berufen hat, dessen Aufgabe ist es, die Botschaft Jesu, die Frohbotschaft vom Reich Gottes um alle Völker der Erde wie ein verbindendes Netz zu spannen. In der Geschichte begegnen uns daher diese Völker der Erde als einhundertdreiundfünfzig Fische, welche die Gesamtzahl der Völker symbolisieren.

Der Inhalt dieser Frohbotschaft, die es zu verkünden gilt, lautet: “Es ist der Herr”, er selbst ruft alle zusammen und lädt ein an den Tisch: “Kommt und esst!”.
Dieses Evangelium lässt uns in der Freude über die Auferstehung den nächsten Schritt tun. Alle, die die Botschaft hören, sollen nicht freudig verharren, sondern diese Freude weitergeben überall hin. Und sie sollen das tun, indem sie im Teilen von Brot und Wein vom Auferstandenen Zeugnis geben und ihn gegenwärtig werden lassen. So ist diese Botschaft bereits um die ganze Welt gegangen.

Was nun?

Aber was ist denn eigentlich aus den einhundertdreiundfünfzig Fischen geworden, die Petrus im Auftrag des Herrn und nach ihm viele andere in der Nachfolge Jesu an Land geschleppt haben, was ist geworden aus der Verkündigung der Frohbotschaft an alle Völker der Erde?

Manchmal, wenn wir Christinnen und Christen uns in der Nachfolge erleben, meine ich eine gewisse Resignation zu spüren: Die Rede ist dann oft von der kleinen Herde, von schwindenden Zahlen usw. Oder es bricht an anderen Stelle unglaublicher Aktionismus aus in dem Glauben,  man müsse retten, was noch zu retten sei. Ein kritischer Blick auf das Tun der Kirche oder eine kräftige Hand, wo es nötig ist, sind schon recht, doch sollten wir das Ziel nicht aus den Augen verlieren, auf das wir als Kirche zugehen.

Und das Ziel ist es sicher nicht, die dicksten Fische zu fangen: nicht die Kirche am vollsten zu haben, die meisten Messen zu feiern, die meisten Priester zu weihen und Taufen zu spenden, die größten Almosen zu geben, die Statistiken zum Glänzen zu bringen.
Das Ziel einer Kirche auf dem Weg ist es, dem Auferstandenen wie die Emmausjünger unterwegs zu begegnen oder ihn wie die Fischer am Ufer zu erkennen, ihn in unser Leben einzulassen, teilhaben zu lassen und von ihm denen Zeugnis zu geben, die uns begegnen.
Wir kommen dazu oft nicht daran vorbei, gegen den Strom zu schwimmen, Wege anders zu beschreiten, als es der mainstream will. Das ist allerdings anstrengend und oftmals sehr ernüchternd.

Irgendwo riecht es sicher nach Brot und Fisch

Aber wie Jesus für die Jünger bereits ein Mahl bereitet hatte und sie mit Fisch nährte, der nicht aus ihrem Netz war, dürfen wir immer wieder darauf bauen, dass im Wirken des Geistes der Auferstandene auch uns begleitet. Und wir können sicher, dass auch in so manchem Dunkel dieser Zeit für uns an unbekannten Ufern ein Kohlenfeuer neuer Hoffnung brennt.

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