Ahlan wa sahlan – herzlich willkommen!
Wo bist du eigentlich gelandet? Wie muss man sich das vorstellen? – Verschiedene Mal bin ich bereits gefragt worden, wie man sich die Örtlichkeiten unseres kirchlichen Lebens in den Emiraten vorstellen kann. Mehrmals habe ich angesetzt, um zu einer Beschreibung zu finden, und nachher gedacht: So kann sich niemand etwas drunter vorstellen… Nun, mit diesen Zeilen setze ich also zum ultimativen Schritt an und versuche ein wenig, einen Eindruck meines – unseres – Lebensumfeldes zu vermitteln. Für ein exaktes Bild hilft allerdings nur eines: Kommt und seht! (Joh 1,46)
Die Kirche St. Joseph liegt seit 1983 im Abu-Dhabi-Stadtteil al-Mushrif und damit ziemlich im Herzen der Insel. Wir sind in gut fünfzehn Autominuten an der Corniche und in der selben Zeit auf dem Festland. Abu Dhabi ist eine der Küste unmittelbar vorgelagerte Insel, die heute durch drei Brücken direkt mit dem Festland und durch weitere Schnellstrassen mit den Nachbarinseln verbunden ist, so dass der Inselcharakter weitestgehend verloren gegangen ist. Das sicher bekanntere Dubai entstand 1833, als Sheikh Makhtoum Bin Butti vom Stamm der Bani Yas von Abu Dhabi weg zog, sich am Dubai Creek niederliess und die Unabhängigkeit von Abu Dhabi erklärte, das zu der Zeit schon gut vierzig Jahre als kleine Ansammlung von Barasti-Hütten der Familie al-Nahyan – ebenfalls vom Stamm der Bani Yas – existierte. Beide Familien regieren ‘ihre’ Emi
rate noch heute. Die erste Gründung Abu Dhabis geschah auf der Insel an der Stelle, wo 1761 Beduinen aus der Liwa-Oase an einer Tränke eine Gazelle erlegten und somit zugleich Fleisch und Wasser hatten. Dieses Ereignis bescherte dem Ort seinen Namen: Abu Dhabi – ‘Land der Gazelle’. Ab 1793 regierten die al-Nahyans auf der Insel und an der Stelle der einstigen Tränke entstand die Wehranlage Qasr al-Hosn, für Jahrzehnte Wohnsitz der Herrscherfamilie und politisches Zentrum Abu Dhabis.
Die katholische Kirche auf der Arabischen Halbinsel hat ihren Ursprung in Aden/Yemen, wo noch heute – inmitten des Kriegsgebietes – die alte Kathedralkirche steht. Im Jahr 1888 wurde das Apostolische Vikariat von Aden und ein Jahr später das Apostolische Vikariat der Arabischen Halbinsel (Bahrain, Saudi Arabien, Oman, Qatar, Vereinigte Arabische Emirate und Yemen) gegründet. Die Seelsorge lag zunächst in den Händen der Kapuzinerprovinz Lyon/Frankreich, später bei der Provinz Toskana/Italien. Die Entwicklung der Emirate lockte bald Kapuziner aus allen Teilen der Erde in die Emirate, vornehmlich aus Indien und den Philippinen. Seit 1974 ist der Bischofssitz an der St. Joseph’s Church – Abu Dhabi. Diese wurde 1962 an der Corniche in Abu Dhabi errichtet und 1983 in den Stadtteil al-Mushrif verlegt. Im Jahr 2011 erfolgte die Teilung des Vikariates in den Nord- und in den Südteil. Der Bischofssitz für Nordarabien befindet sich heute in Bahrain, der Apostolische Nuntius amtet in Kuwait. Der Begriff ‘Vikariat’ macht deutlich, dass der kirchlichen
Struktur hier verschiedene Elemente, die ein Bistum nötig hätte, fehlen. Zudem wird auch der immer leicht provisorische Charakter dieser Ortskirche sichtbar – als Christen in den Emiraten fühlen wir uns hier willkommen, weitestgehend frei und auch von der Regierung unterstützt, aber verbrieft ist das nicht.
Zum Bischofssitz gehört heute neben der Kathedrale die Kirche St. Therese, die St. Joseph Catholic School, das Department für Katechese und Bildung (mein Arbeitsplatz), das kirchliche Gericht, das Büro für Kommunikation, das Haus der Karmelitinnen sowie der Pfarrhauskomplex. In der Pfarrei Abu Dhabi arbeiten – wie in allen anderen Pfarreien auch – neben den indischstämmigen
Priestern und Nichtgeweihten auch Seelsorgerinnen und Seelsorger für die philippinische und die arabischsprechende Gemeinde. Zudem ist Abu Dhabi Sitz des Pfarrers der Gemeinde deutscher Sprache am Golf von Arabien. In Dubai arbeitet je ein Priester für die Gemeinden osteuropäischer Herkunft und für die Gemeinde der Seefahrer, auf zwei Militärbasen rund um Abu Dhabi jeweils ein Priester für die französischsprechende und die amerikanische Gemeinde. In allen Pf
arreien leben Priester, die die verschiedenen indischen Kulturgruppen repräsentieren: Menschen vom indischen Subkontinent bilden heute die Hälfte der Einwohnerschaft der Emirate. Verschieden
e Arbeitsbereiche liegen zudem in den Händen von Ordensschwestern aus zahlreichen Gemeinschaften unterschiedlichster Herkunft. Die Priester sind zumeist Mitglieder des Kapuzinerordens, in Fujeirah wie im Yemen werden die Pfarreien von den Salesianern Don Boscos geleitet. Vier Priester si
nd in das Vikariat inkardiniert. Insgesamt arbeiten in allen Pfarreien des Vikariates gut 180 hauptamtliche Seelsorger und Seelsorgerinnen mit Hunderten von ehrenamtlichen Laien für etwas über eine Million Katholikinnen und Katholiken.
Das Gemeindeleben ist hier äusserst liturgieorientiert: Die Menschen kommen zu den Gottesdiensten geströmt in einem Umfang, dass wir vor allem nach Ostern gesagt haben: Ein bisschen weniger wäre nicht der Untergang der Kirche… Im Juni wird im Stadtteil Musaffah die St. Paul’s-Church eröffnet – es besteht die Hoffnung, dass das die Gottesdienste hier ein wenig entlastet. Ein paar Zahlen? Ein normaler Werktagsgottesdienst ruft zwischen 700 (sehr schlecht!) und 1’300 Gläubige zusammen, der philippinische Gottesdienst am Sonntagabend auch durchaus schon einmal 4’000 Menschen. Während einer Messe kommen gut zwanzig bis vierzig Gläubige zur Beichte, an den Beichtabenden während der Karwoche sind es Hunderte jeden Abend. Es lebt – die
Notwendigkeit für weitere Gemeinden in den Städten ist unübersehbar.
Fragen? – Am besten im Kommentarfeld hinterlegen!
Ungläubig? – Kommen und gucken!