Abschied – Aufbruch – Ankommen

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Ich sitze nun hier in meinem Zimmer im Bischofshaus in Abu Dhabi und schreibe diese Zeilen. Hinter mir liegen sehr ereignisreiche dreieinhalb Wochen – eine Zeit, die bestimmt war durch Abschiedstränen, Schweiss und Stress und Vorfreude auf das, was kommt. Jetzt in diesen Stunden und Tagen ist es recht ruhig: Das allererste Ankommen ist schon vorbei und da meine Zeit offiziell erst am 1. März beginnt, bin ich noch – ein wenig – vogelfrei. Da ich nicht im Urlaub bin, sondern fünf Jahre Zeit habe, alles kennen zu lernen, geb ich gerad nicht allzu viel Gas, sondern komme erst einmal zur Ruhe und lass die Dinge auf mich zukommen. Doch von vorn.2015-02-17 09.41.42

Nach meinem Abschiedsgottesdienst am 1. Februar bin ich heimgeflogen zur Familie. Der Abschied in Embrach war furchtbar traurig und wunderschön zugleich. Viele waren gekommen und ich konnte  viele Abschiede persönlich vollziehen. Ganz besonders: Auch Vertreter der muslimischen Gemeinde Embrach, zu denen ein ganz junger Kontakt bestand, waren da. In Deutschland habe ich eine Woche im Kreis der Familie verbracht, unter anderem Bruders Geburtstag gefeiert und bin viel unterwegs gewesen. Es war einfach eine schöne gemeinsame Zeit, in der es auch nicht ständig um Abschied und Trennung ging. Nach der Rückkehr begann der hässliche Teil des Projektes: Abbruch und Einlagern der Wohnung. Ich schwöre mir jedes Mal, dass es die letzte Zügelte meines Lebens wird – ein Dutzend Meineide liegen bereits hinter mir. In der Umzugswoche bin ich donnerstags ins Haus Werdgarten am Stauffacher in Zürich gezogen, um einerseits aus dem Chaos herauszukommen und andererseits auch schon ein wenig mit dem Gefühl des Aufbruchs vertraut zu werden. Hier bin ich bestens umsorgt worden – allen dort ein ganz herzliches Vergelt´s Gott! Der Zügeltag war die Krönung des Übels – dank sehr lieber Menschen ging´s aber speditiv und zackig über die Bühne. Chäbe, Andy, Hanspeter und Markus – ihr wart ne Wucht! Nun passt meine Vikariatsgemeinde Peter & Paul am Stauffacher während der nächsten Jahre auf mein Hab und Gut auf. Danke auch euch für allen Support!

2015-02-24 10.46.45Sonntags dann die letzte Auseinandersetzung mit meinem Carrier AirSerbia (Leute, tut´s nicht!): Wieder einmal war ein Flug gecancelt worden – am Ende der Diskussion sollte ich also nun am 23. abends nach Belgrad fliegen und vor dem Weiterflug nach Abu Dhabi nachts Gast im Crowne Plaza Belgrad sein. Ja nu, das Leben kann schlimmer sein. Die Woche vor dem Abflug war bestimmt durch viele Angelegenheiten, die noch abgewickelt werden mussten, und zahlreiche Begegnungen mit Freunden. Auch ein Interview gab es noch. Wenige Stunden vor Abflug ein gemeinsames Mittagessen mit Freunden und das letzte Bier mit Umarmung sogar noch am Airport. AirSerbia sei Dank: Aufgrund einer Flugverzögerung waren es sogar zwei Bier (ich weiss, ihr lieben Katholiken: Es ist Fastenzeit – aber ich bin im Ausnahmezustand!) und noch mehr Begegnungen als erwartet.

Als die Maschine auf ihrem Weg von Belgrad nach Abu Dhabi am Dienstagabend über den Lichtern der Stadt kreiste und schliesslich am Abu Dhabi International Airport aufsetzte, war es schon ein merkwürdiges Gefühl: Was wird in den nächsten Jahren passieren? Wie wird der Start sein? Was wird schief gehen? Was werden die tollen Dinge sein, die passieren?
Viel Zeit zum Sinnieren blieb nicht. Die erste Freude wartete am Gepäckband: Ich habe mit allen meinen Koffern den Airport verlassen können – geglaubt hab2014-01-06 16.42.27 ich das nicht. Mein Arbeitsvisum war auch schnell gegriffen und die Einreise, die schon mal gut anderthalb Stunden dauern kann, war in sportlichen zwanzig Minuten absolviert. Ausserhalb der Arrival Area kam eine Frau auf mich zu, die ich irgendwie kannte: Die Katechese-Verantwortliche des Vikariates war mit ihrem Mann gekommen, um mich aufzulesen – wir hatten uns im Januar 2014 bei meinem ersten Besuch schon kennen gelernt. Im Bischofshaus erlebte ich dann weiter bekannte und neue Gesichter. Ein Spaziergang um die Kathedrale unter sternenklarem Nachthimmel (bei gut 20°C) beendete den ersten Abend in Arabien. Die erste Nacht war erwartungsgemäss unruhig – und der Muezzin um halb sechs ungnädig. Wir zwei brauchen auf Dauer noch eine Lösung.
Für den ersten Tag gab es schon einen Plan: Ämtertour. Von der Vorstellung eines europäischen Amtsschimmels muss man sich trennen. In Arabien scheint die Effizienz der Arbeit eines Beamten unmittelbar einherzugehen mit der Anzahl seiner neu eingehenden SMS und Whatsapp-Nachrichten. Geduld war gefragt – aber mit George, dem Officer des Vikariates für öffentliche Angelegenheiten, war ich perfekt geführt. Allein beim Medical Check habe ich doch sehr genau hingeschaut, ob da wirklich steril geschafft wird. Jetzt gilt es abzuwarten, bis die Visa-Prozedur erfolgreich abgeschlossen ist – und ich ein UAE-Resident bin.